21. Juli 2019

Bestandsaufnahme und Übungen zur Bestimmung von Wasser- und Sumpfpflanzen

Exkursionsteilnehmer

An einem wunderbar sonnigen Sonntagmorgen trafen sich die Wasserpflanzenfreunde und die Zierfischfreunde Warendorf e. V. in Einen an der Kanu-Einsatzstelle zu einer kleinen Ems-Exkursion. Unsere Exkursion hatte an diesem Tag zwei Ziele. Wir wollten uns einen Überblick über die Pflanzenbestände in dem Gebiet verschaffen und einen Vergleich zu dem Zustand von 2009 vor der Renaturierung ziehen. Außerdem wollten wir die Wasser- und Sumpfpflanzen in dem Abschnitt mit verschiedenen Mitteln bestimmen.

Beobachtungen an der Ems

renaturierte Ems 2019 – Blick auf die künstliche Insel

Der bei dieser Exkursion besuchte Abschnitt der Ems liegt westlich von Warendorf und ist ca. 730 Meter lang. In diesem Bereich ist die gesamte Uferbefestigung entfernt worden und der Fluss hat ein flaches, sandiges Bett. Am linken Ufer ist eine künstliche Insel aufgeschüttet worden, hinter der sich ein verlandender Altwasser-Arm gebildet hat.

Die Ufer sind dicht mit verschiedenen Gehölzen bewachsen und nur an wenigen Stellen zugänglich. Eine vollständige Erfassung von Wasserpflanzenbeständen und eine Kartierung der Bestände in dem Flussabschnitt ist vom Ufer aus darum nicht möglich.

2009 – Vor der Renaturierung

Vor der Renaturierung verlief die Ems in dem Bereich in einem komplett befestigten Bett mit Trapezprofil.
Zwischen den Steinen wurzelten Laichkräuter, Mummeln, Sagittarien und Igelkolben. Auf den Steinen wuchs Moos. Die Ufer waren steil und mit Schilf, Gräsern und krautigen Pflanzen bewachsen.
Die Laichkräuter und das Tausendblatt bildete dichte Bestände mit flutenden Blättern und aus dem Wasser ragenden Blütenständen. Sie dienten Becher-Azurjungfern und Gebänderten Prachtlibellen als Ansitz.

In der Au links der Ems gab es eine flache Senke mit einem Tümpel, in dem Hahnenfuß, Binsen, Krauses Laichkraut, Kammlaichkraut und Schwimmendes Laichkraut wuchsen. Vereinzelt stand Rohrkolben im Wasser. Hier lebten unter anderem Spitzschlammschnecken, Ohrschlammschnecken, Libellen, Kröten und Frösche. Gelegentlich waren kleine Fische zu sehen.

2009 – 2013 – Entfernung der Uferbefestigung und Vergrößerung der Überschwemmungsflächen

Von 2009 bis 2013 wurde die Befestigung der Ufer und der Sohle komplett entfernt und die gesamte Fläche der Au durch Abtransport der oberen Bodenschicht tiefer gelegt. Dadurch wurden neue Überschwemmungsgebiete angelegt, die bei Hochwasser das Wasser der Ems aufnehmen sollen, um Überschwemmungen weiter flussabwärts zu vermeiden. Früher abgeschnittene Altarme wurden mit Hilfe von Gräben wieder an die Ems angeschlossen, damit sie bei Hochwasser wieder überflutet werden können.
Gleichzeitig bekam der Fluss einen leicht veränderten Verlauf, indem eine Kurve neu gestaltet und eine künstliche, befestigte Insel aufgeschüttet wurde. Während der Baumaßnahmen, waren Ufer und Flussbett komplett kahl. Danach wurden am Ufer neue Bäume gepflanzt und die Fläche durch Aussaat begrünt.

Der Ems-Abschnitt heute

Seit dem Beginn der Renaturierung sind inzwischen 10 Jahre vergangen und es zeigt sich ein völlig anderer Lebensraum.
In der Au wachsen deutlich mehr blühende Wildblumen als vor der Renaturierung. Wiesen-Flockenblumen (Centaurea jacea) , Rainfarn (Tanacetum vulgare), Wiesen-Schafgarbe ( Achillea millefolium ) und Acker-Kratzdisteln (Cirsium arvense) dominieren im Juli 2019 den Bewuchs. Dazwischen wachsen Heidenelken (Dianthus deltoides ), Echtes Labkraut (Galium verum), Echtes Leinkraut (Linaria vulgaris), Echte Nachtkerzen (Oenothera biennis), Jakobs-Greiskraut (Senecio jacobea) und Gräser. Die Blüten werden von Bienen, Hummeln und Schmetterlingen besucht. Wir sahen Honigbienen (Aphis mellifera) , Distelhummeln (Bombus soroeensis), Hain-Schwebfliegen (Episyrphus balteatus), Kleine Heufalter (Coenonympha pamphilius), Tagpfauenaugen (Inachis io) und einen Schwalbenschwanz (Papilio machaon). Außerdem fanden wir Grashüpfer und Streifenwanzen (Graphosoma italicum).

An den Ufern stehen Weiden und Birken. Vereinzelt sind Wasserdost (Eupatorium cannabium), Sumpf-Vergissmeinnicht (Myosotis scorpioides), Blutweiderich (Lythrum salicaria) und Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera ) zu finden.

Im Wasser sind Wasserstern (Callitriche), Tausendblatt (Myriophyllum sp.), Raues Hornblatt (Ceratophyllum demersum), Kamm-Laichkraut (Stuckenia pectinata), Mummeln (Nuphar), Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia) , Kleine Wasserlinse (Lemna minima) und die Vielwurzelige Wasserlinse (Spirodela polyrhiza) zu sehen.

Im Bereich der Brücken ist die Uferbefestigung nicht entfernt worden. Hier ist noch der gleiche Bewuchs zu sehen wie 2009 vor der Renaturierung. Hier wachsen Teichrosen (Nuphar lutea), Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia), Krauses Laichkraut (Potamogeton crispus) und Moose zwischen und auf den Steinen.

Gegenüber dem Zustand von vor 10 Jahren hat sich der Tümpel auf der linken Flußseite stark verändert. Der gesamte Unterwasserbereich ist vollständig mit Nuttalls Wasserpest (Elodea nuttallii), einem invasiven Neophyten, ausgefüllt. Das Tausendblatt und die Laichkräuter von früher konnten wir nicht finden. Am Ufer wachsen heute statt Binsen Schilf und Rohrkolben. Im Flachen Wasser stehen Sumpfschachtelhalm (Equisetum palustris), Pillenfarn und Froschlöffel (Alisma plantago-aquatica).

Bestimmungsübungen

Naturführer, Bestimmunsgbücher und App

Auf unseren Ausflügen stoßen wir immer wieder auf Pflanzenarten und Tiere, die wir nicht kennen. Natürlich wollen wir dann wissen, um was es sich handelt. Wir haben darum diese Exkursion genutzt um uns mit einigen Möglichkeiten zur Bestimmung von Pflanzen und Tieren vertraut zu machen.
Bücher sind schwer und im Inhalt sehr begrenzt. Das Smartphone mit Bestimmungsapp bietet nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, ist leicht und sowieso immer mit dabei. Bei unserer Exkursion hat es sich aber schnell gezeigt, dass ein spezielles Bestimmungsbuch allgemeinen Naturführern und allen Apps im Feld überlegen ist.

Apps im Test

Apps für das Smartphone scheinen auf den ersten Blick die schnellste und einfachste Möglichkeit für eine Bestimmung zu sein. Vor unserer Exkursion haben wir darum mehrere davon auf unseren Smartphones installiert, um sie zu testen. Auf der Liste waren:
Plantnet – bestimmt Pflanzen nach einem Foto
Naturblick – bestimmt Pflanzen nach Foto, Tierbestimmung nach Bildern und Aufnahme von Vogelstimmen
Flora incognita – Bestimmung an Hand von Fotos verschiedener Pflanzenteile
Tauch-App- bildbasierender Bestimmungsschlüssel
Anymals&Plants – mit einem textbasierten Bestimmungsschlüssel für aquatische Makrophyten
Nature (free) – bildbasierter Bestimmungsschlüssel

Es konnten nicht von allen Exkursionsteilnehmern die Apps installiert werden, weil es keine kompatiblen Versionen für die betreffenden Geräte gab. Nicht alle Apps waren für iOS oder ältere Android-Versionen geeignet.

Für die Bestimmung von Pflanzen gibt es verschiedene Apps (Plantnet, Flora incognita, Naturblick), die auf einem Bild oder mit Hilfe von mehreren vor Ort aufgenommenen Bildern die Pflanzen erkennen. Dazu werden die Bilder an eine Datenbank geschickt und analysiert. Das klingt zunächst nach einer tollen Lösung, ist bei einer Exkursion aber in der praktischen Anwendung schwierig. Zum einen benötigt man erst einmal ein scharfes, aussagekräftiges Bild. Das funktioniert ganz gut bei Blüten über 1 cm Durchmesser oder entsprechend großen Blütenständen. Kleinere Pflanzen lassen sich mit dem Smartphone schlecht formatfüllend fotografieren und andere Pflanzen oder Objekte stören bei der Bilderkennung. Hinderlich sind auch Wind, der die Aufnahme eines scharfen Bildes erschwert, und starker Sonnenschein und Spiegelungen, die die Sicht auf das Display einschränken. Nicht zuletzt benötigen die Apps eine Verbindung zum Internet. Ist die Verbindung schlecht, dann klappt die Übertragung der Bilder nicht.

Ein weiteres Problem ist, dass die Bestimmung nie eindeutig ist. Es werden dem Nutzer immer mehrere Möglichkeiten angezeigt, aus denen er die passende Auswählen muss. Bei der Wiesen-Schafgarbe und beim Rainfarn waren die richtigen Pflanzen auch die Top-Ergebnisse. Auch die Heidenelke konnte die App erkennen. Diese drei Arten hätten wir aber auch ohne Hilfe erkannt. Das Echtes Leinkraut und auch das Labkraut konnten die Apps dagegen nicht finden. Für nicht blühende Pflanzen sind die meisten Apps nicht zu gebrauchen. „Flora incognita“ liefert mit Bildern von Rinde und Blättern bei Bäumen aber gute Ergebnisse.

textbasierende Bestimmungsschlüssel

Die Systematik teilt Pflanzen und Tiere an Hand ihrer Merkmale in Gruppen ein. Diese Merkmale können der Reihe nach abgefragt werden und führen so Schritt für Schritt erst zur Klasse, zur Gattung und dann zur Art. Dieses Vorgehen ist sehr genau, erfordern in der Anwendung aber etwas Übung. In den Schlüsseln wird zum Beispiel nach Blattstellungen (gegenständig, wechselständig) oder nach der Teilung der Blattspreiten fragen (ganz, geteilt, gespalten etc.) . Wer nicht weiß, wo hier die Unterschiede liegen, kann mit einem klassischen Bestimmungsbuch wie dem Rothmaler oder einer entsprechenden Apps nichts anfangen.
Gegenüber den Apps hat ein klassische Bestimmungsbuch wie der Rothmaler den Vorteil, dass hier tatsächlich alle bekannten Arten und eventuell auch Unterarten einer Region erfasst sind. In einer (kostenlosen) App ist das in der Regel nicht der Fall.

Die App Animals&Plants arbeitet mit einem textbasierenden Bestimmungsschlüssel. Sie lädt bei der Installation die Daten in den Speicher des Smartphones und ist damit dann im Feld unabhängig vom Empfang, was sich natürlich auch positiv auf das genutzte Datenvolumen auswirkt. Die Verwendung der App erfordert dann aber etwas Übung und die oben genannte Problematik mit der eingeschränkten Sicht auf das Display bleibt bestehen.

Naturführer in Buchform oder als App

Mit allgemeine Naturführer-Büchern werden die Pflanzen und Tiere an Hand von Abbildungen identifiziert. Sie enthalten wie Apps nur einen Teil der häufigsten Arten. Während ein Naturführer insgesamt nur etwa 750 Arten von Tieren und Pflanzen enthält, kann ein Bestimmungsbuch für Pflanzen oder Insekten allein 1000 Arten aus der entsprechenden Gruppe enthalten. Wer sich speziell für bestimmte Pflanzen oder Tiere interessiert braucht Literatur zu dem Thema. So gibt es spezielle Bücher (und Apps) für z. B. Vögel, Schmetterlinge, Käfer und Süßwasserfische, die dann die gesamte Bandbreite der Tiergruppen abdecken.

Naturführer sind kinderleicht zu benutzen und mit dem Ting-Stift sind sie auch für 10-Jährige interessant.

Apps haben Büchern voraus, dass sie multimedial sind und Videos und Geräusche liefern können. Zumindest was den Klang von Vogelstimmen und Tierrufen angeht, können „Ting“-Bücher aber mithalten. Der „Hör-Stift“ ermöglicht es Geräusche zu den abgebildeten Tieren abzuspielen. Das Buch selbst hat dabei den Vorteil, dass es – anders als jede App – ohne Strom und Mobilfunknetz funktioniert. Außerdem sind die Seiten eines Buches auch bei Sonneneinstrahlung gut zu erkennen, weil sie nicht spiegeln.

Wasserpflanzen bestimmen?

Das bekannteste Buch zu Bestimmung heimischer Pflanzen ist das „Was blüht den da?“ An Hand von Blütenfarbe und Blütenform kann beim Durchblättern der Abschnitte die Pflanze mit den Abbildungen verglichen und bestimmt werden.
Nun wollten wir bei unserer Exkursion aber Wasserpflanzen bestimmen und untergetaucht lebende Pflanzen bilden oft keine Blüten oder ihre Blütenstände sind unscheinbar. Für ihre Bestimmung benötigen wir darum besondere Literatur. Das Buch „Pflanzen im Süßwasser“ hat sich im praktischen Gebrauch während der Exkursion als hilfreich erwiesen. Darin werden die Pflanzen nach ihren Blattgrößen sortiert. Worauf dabei zu achten ist, zeigt eine Übersicht auf der Innenseite des Buchdeckels. Auch ungeübte Exkursionsteilnehmer konnten an der Ems mit dem Buch innerhalb von Minuten die richtige Wasserpflanze finden.

In dem Buch sind 124 Arten von Wasserpflanzen (inklusive ca. 40 Armleuchteralgen) . Sie sind alle in mehreren Bildern dargestellt.
Von den gleichen Autoren stammt auch die „Tauch-App“, die inhaltlich gleich ist. Sie ist in ihrer Suchfunktion anders aufgebaut, enthält aber die gleichen Arten. Gefundene Pflanzen können im „Feldbuch“ der App gespeichert werden.
Buch und App eignen sich zur Bestimmung von Wasserpflanzen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Fazit zur Bestimmungsliteratur

Grundsätzlich gilt, dass eine Bestimmung immer sicherer wird, je mehr Erfahrung der Bestimmende hat. Apps und Bücher enthalten nicht immer alle Tiere und Pflanzen und viele Arten können sich sehr ähnlich sein. Die Aufgabe die Unterschiede zu erkennen und zu entscheiden, ob die Bestimmung richtig ist, liegt beim Nutzer.

Apps sind sinnvolle Hilfsmittel für die Identifikation von Pflanzen und Tieren in der Stadt. Hier steht in der Regel ein Mobilfunknetz zur Verfügung. Auch ist die begrenzte Artenzahl der Apps hier meistens ausreichend.

Im Feld sind Bücher – trotz ihres Gewichts – besser für die Bestimmung geeignet als Apps, weil sie unabhängig vom Mobilfunknetz und Strom funktionieren. Spezielle Bücher für Wasserpflanzen, Käfer, Schmetterlinge oder Vögel enthalten mehr Arten als allgemeine Naturführer. Das ermöglichen eine sicherere Bestimmung durch Abgrenzung von ähnlichen Arten. Die „Ting“-Funktion mancher Bücher ermöglicht es sich Tierstimmen aus dem Buch anzuhören.